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Europas längster Sommer

Romanessay
Verfasser/in: Suche nach diesem Verfasser Obexer, Margareth
Verfasserangabe: Maxi Obexer
Jahr: 2017
Mediengruppe: B.Bell.Erw/L..narr.a
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Inhalt

Während man im Roman die Helden zur Kenntnis nimmt und sich mit ihnen arrangiert oder nicht, ist man als Leser eines Romanessays immer wieder versucht, einzugreifen und um eine Entgegnung zu bitten. Das freilich ist die hohe Leistung eines Essays, man ist ihm während der Lektüre gnadenlos ausgeliefert und kann erst hintennach reagieren, wenn man schon alles gelesen hat.Maxi Obexer unterläuft die unsäglich zersplitterte Diskussion in diversen Medien mit dem Kunstgriff des Essays. Eine Ich-Erzählerin reist aus ihrer Kindheits-Heimat Südtirol nach Berlin, wo sie die Erwachsenen-Heimat aufgeschlagen hat und jetzt in einem Festakt eingebürgert werden wird.Der Zug fährt durch Franzensfeste, wo die sinnloseste Wehranlage Europas steht, die nie gebraucht worden ist. Er flutscht über den Brenner, wo die Grenze mit vielen Ansprachen niedergelegt und wieder heimlich aufgebaut worden ist. Der Zug hält in Rosenheim, wo Migranten mit unrichtigen Papieren aus dem Zug geholt werden.Die Erzählerin fährt stumm durch Europa, aber in ihr kocht es. Sie ist in Berlin in einer Theaterwelt aufgetaut und abgetaucht, worin alle Nationen ihr würdiges Standing haben. Niemand käme auf die Idee, jemanden abzuweisen oder zurückzuschicken, weil er die falsche Nationalität hat. Die meisten sind freiwillig hier, weil sie diesen offenen Raum suchen, den sie in guten Stunden für Europa halten.Die Enge freilich sitzt zu Hause in Südtirol. Der Großvater der Heldin wäre nie auf die Idee gekommen, auszuwandern, er ist samt dem Land eingewandert worden und weigerte sich bis zum Schluss, Italiener zu sein. Gerade weil im Falle Südtirols das ganze Land migriert worden ist, ist es umso erstaunlicher, wie verbissen die nächsten Generationen jetzt an ihren Pässen hängen und alles mit Argwohn betrachten, was nicht aus der Scholle geboren ist.Diese Ängstlichkeit überträgt sich auf die Lebensweise überhaupt. Die Erzählerin denkt zurück, wie sie sich zu Hause geoutet hat, weil sie jemanden sucht, lesbisch und acht Jahre älter.Dabei sind die Schwierigkeiten der Integration oft recht skurril. Die Heldin will bei einem Wittgenstein-Seminar der These widersprechen, dass der Löwe nicht wisse, dass er ein Löwe ist. Aber sie hat nur den Südtiroler Dialekt, und der ist noch dämonischer als jede Fremdsprache dieser Welt.Warum gedenkt kein Land der Erde der Eingewanderten, obwohl letztlich alle Einwanderer sind? (86) All das geht der Reisenden durch den Kopf. Es ist Europas längster Sommer, weil die Reden über Europa immer heißer werden, je mehr es in nationale Teile zerbricht. Die Einbürgerung ist schließlich ein lächerlicher, bürokratischer Akt, der am anderen Ende von hohlen Sonntagsreden steht. - Erst nach der Lektüre darf der Leser widersprechen.Helmuth Schönauer (Pool Feuilleton//www.biblio.at)

Details

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Verlag: Berlin, Verbrecher Verlag
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Interessenkreis: Suche nach diesem Interessenskreis Migration, Heimat
ISBN: 978-3-95732-271-5
Beschreibung: 105 Seiten
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Sprache: deutsch